Snowball


Snowball war ein Spätentwickler. Ursprünglich auf einem Geflügelmarkt als Henne gekauft entpuppte er sich sehr spät doch als Hahn. Und was für einer.

Zwar entdeckte Snowball seine Männlichkeit erst spät, dafür dann aber mit ungeahnter Heftigkeit. Keine Henne war vor ihm sicher und unser Chef Hemingway hatte seine liebe Mühe, den Jungspund im Zaum zu halten. Unsere kleine Nanni hatte mittlerweile schon eine Glatze vom dauernden Treten und Festhalten am Schopf. Sollten wir uns von Snowball trennen müssen? Wir beschlossen, ihm eine Gnadenfrist zu geben.

Snowball entwickelte sich, nachdem er sich die sprichtwörtlichen Hörner abgestoßen hatte, zum vorbildlichen Zweithahn. Es gab niemals Machtkämpfe um Hemingways Führungsposition in der Schar, er machte den Damen mittlerweile galantere Avancen und nahm sich nicht mehr einfach nur was er wollte. Er wurde ein reizender, handzahmer Hahn der neben Hemingway gut auf die Damen aufpasste. Dass er im Sinne des Rassestandards einen groben Kammfehler hatte störte uns nicht.

 

Anfang 2016 wurde er plötzlich anders. Mittlerweile war Zuchthahn Fred bei uns eingezogen, auch mit ihm hat sich Snowball nie gestritten, doch plötzlich gingen beide Hähne auf unseren weißen Puschel los und hackten ihn blutig. Wir fanden ihn zusammengekauert in einem der Legenester, vollkommen verschreckt. Natürlich haben wir ihn sofort separiert und die Wunden an Kamm und Kehllappen versorgt. In geduckter Haltung ließ er alles über sich ergehen.

 

Was wir anfangs für eine Angsthaltung hielten änderte sich aber nicht. Snowball saß mit eingezogenem Kopf im Käfig und bewegte sich gerade mal zum Fressen und Trinken. Ansonsten saß er lethargisch und mit eingezogenem Kopf da.

Es folgten unzählige Besuche beim Tierarzt, es wurde auf diverse Parasiten untersucht, auf Salmonellen, es wurden Rachenabstriche gemacht, Röntgenbilder.... es war nichts zu finden. Aber er schien zurechtzukommen, solange kein anderer Hahn oder eine größere Gruppe da war. Also blieb er im Haus. Als unsere Elsa, in die er sich zwischenzeitlich offenbar sehr verliebt hatte ein Küken führte (der Rest der Brut ist leider nichts geworden, es blieb bei einem Einzelkind: Frankie, das Kuschelküken, hierzu an anderer Stelle später mehr) setzten wir Snowball mit ihr und dem Küken zusammen.

 

Es war herzerwärmend wie harmonisch diese kleine Familie zusammenlebte. Frankie hat oft Stunden auf Snowballs Rücken gekuschelt verbracht.

 

Snowball schien sich, dank einer Therapie, auf die wir über eine Facebookgruppe aufmerksam geworden sind, zu erholen. Er stand freier und begann sich wieder zu bewegen. Höchste Zeit, den Hahn in Bewegung zu bringen. Da er nicht zur Schar konnte, aber auch wegen starker Raubvogelbevölkerung nicht frei im Garten laufen konnte beschlossen wir, ihn im Haus laufen zu lassen. Er entpuppte sich sogar als stubenrein, hatte eine Toilettenecke die wir entsprechend einrichten konnten. Nur die Tischmanieren ließen zu wünschen übrig, ständig musste man ihm sein Frischfutter hinterherräumen.

 

Mit der Zeit wurde Snowball die Transportbox wohl zum Schlafen zu ungemütlich. Eines Abends ging er zum Schlafen tatsächlich in die Hundehütte und bettete sich auf einem Haufen Hundekissen. Zum Ärgernis der Hunde, die ihn aber schmollend gewähren ließen. Kurz später legte sich ein Hund sogar dazu und sie kuschelten die Nacht gemeinsam im Hundekorb. Snowball machte kurz später seine ersten zaghaften Krähversuche. Jetzt ist er über den Berg dachten wir.

Leider hatten wir uns zu früh gefreut. Nach 3 Monaten des Aufs und Abs musste Snowball am 12.4.2016 leider erlöst werden. Er war über Nacht absolut bewegungsunfähig geworden, jede kleine Bewegung schien ihm Schmerzen zu bereiten. Die Tierärztin sah keinen Weg mehr wie man ihm helfen könnte, nach wie vor konnte sie keine Diagnose stellen. Um Snowballs Leiden nicht zu verlängern haben wir ihn schweren Herzens gehen lassen.

 

Snowball hat uns ein paar wunderschöne Küken hinterlassen. So ganz ist er dann doch nicht gegangen.